Köln: Beeindruckender Schweigegang für die Geiselopfer des Hamas-Terrors

Schweigend und in Andacht begaben sich trotz des Regens am 8. November mehr als 2.500 Menschen auf den Weg vom Kölner Roncalliplatz zur jüdischen Synagoge, um ihr Mitgefühl mit unseren jüdischen Mitmenschen auszudrücken. Nach jüdischem Gebet und Fürbitte für die Geiselopfer der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober wurden Kerzen auf die Mauer der Synagoge gelegt.

Es war eine durchaus beeindruckende Solidaritätskundgebung, zu der die Kirchen aufgerufen hatten und zu der nicht nur Christen kamen. Bereits am 7. November fand eine Solidaritätskundgebung für Israel in Köln statt.

Wenn die tiefen Wunden in der israelischen Seele und das in ihnen hinterlassene Trauma einigermaßen geheilt sind, wird sich die demokratische israelische Gesellschaft die Frage stellen müssen, wer die Verantwortung dafür hatte, dass es zu dem menschenverachtenden, erschütternden Überfall und den Geiselopfern und damit Israels „9/11“ kommen konnte. Inzwischen verdichten sich die Anzeichen, dass der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu durchaus ernstzunehmende Hinweise auf militärische Aktionen der Hamas vom Tisch wischte.

Die israelische Gesellschaft wird nicht umhin kommen, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Mitverantwortung für die Eskalation vorzuwerfen, der das israelische Volk dazu missbraucht hat, weil er sich seiner eigenen Strafverfolgung entziehen wollte, in dem er für seine Wiederwahl eine Koalition mit rechten Nationalisten und Eiferern des ultra-orthoxen Judentums eingegangen ist und seitdem die Siedler äußerst aggressiv im Westjordanland gegen die Palästinenser gewirkt haben. „Er hat sein persönliches Schicksal an die Zukunft des Landes gebunden“, empört sich der Friedensaktivist und ehemalige deutsche Innenminister Gerhard Baum am 8. November bei „Lanz“. Nicht wenige Israelis werden sich in diesen Tagen an die Friedenspolitik eines Ministerpräsidenten Itzchak Rabin erinnern, der von solchen Ultrarechten 1995 ermordet wurde. Damals waren die Zeiten für Israelis und Palästinenser deutlich besser, auch wenn das Grundproblem nicht gelöst werden konnte.

Der internationale Druck auf Netanjahu wächst indessen, die Angriffe auf die Palästinensergebiete auszusetzen und mehr Kanäle zur Versorgung der Bevölkerung zu öffnen. Denn für die Menschen dort ist der Krieg mit tausenden Toten und hunderttausenden Vertriebenen inzwischen zur Hölle auf Erden geworden. Nur durch Entgegenkommen der Netanjahu-Regierung könnte es gelingen, Geiseln aus den Fängen der Hamas frei zu bekommen.

Es steht leider zu erwarten, dass es auf Sicht keine vernünftige Lösung für das Drama Israel-Palästina geben wird, weder eine Ein-, noch eine Zwei- oder Dreistaatenlösung. Gerhard Baum zeigte sich aber auch erschüttert „über den Hass gegen Israel, der in der muslimischen Welt entstanden ist“ und auch bei uns – und nicht nur – seinen Nährboden findet. An diesem 9. November wird vielleicht dringender denn je an die Pogromnacht erinnert werden müssen. Vor 85 Jahren wurden in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 Synagogen abgebrannt, durch Schlägertrupps jüdische Geschäfte zerstört, tausende Jüdinnen und Juden misshandelt oder getötet und der millionenfache und größte Völkermord der Geschichte nahm seinen Lauf, deren wichtige Ursache der geschürte Hass war. Diese historische Warnung muss für alle Menschen gelten.

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